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Ein Essay über die leise Kunst, Menschen nicht zu verlieren

Es gibt Worte, die wie ein sanfter Klang in der Nacht aufsteigen, sich durch die Gedankengänge ziehen und nachklingen, als wollten sie ein vergessenes Wissen ins Bewusstsein heben. So bei mir geschehen ….. vor wenigen Nächten.

Taktgefühl ist ein solches Wort.
Es trägt Rhythmus in sich, Puls, Atmung und somit Leben.
Es erinnert an Musik, an Tanz und an das, was zwischen Menschen geschieht, wenn einer im falschen Moment ausschlägt, wenn jemand zu laut, zu früh oder zu unbedacht ins gemeinsame Stück hineinplatzt.

Doch … Taktgefühl ist mehr als ein soziales Schmiermittel.
Taktgefühl ist eine stille Form der Achtung, die Fähigkeit, den inneren Metronom-Takt eines anderen wahrzunehmen und nicht zu stören.

Goethe meinte einmal dazu:

«Takt ist die Fähigkeit, anderen auf eine Weise zu begegnen, die ihnen nicht weh tut.»

Vielleicht ist es genau das ….. eine zarte Kunst der Berührung, ohne zu verletzen.

Der Ursprung des Taktes und das Metronom als Schlüssel

In der Musik dient das Metronom als Orientierung. Es setzt einen klaren, wiederkehrenden Puls. Ein äusseres Mass, das die Musikerinnen und Musiker daran erinnert, wie der Rhythmus gedacht ist.

Doch – kein Metronom dieser Welt kann das innere Gefühl ersetzen, mit dem erfahrene Musiker den Takt verinnerlichen.

So ist es auch im Leben. Manche Menschen orientieren sich ausschliesslich an ihrem eigenen Metronom. Ein stechender, unerbittlicher Takt, der keine Rücksicht auf andere Rhythmen nimmt. Andere wiederum richten sich nur nach dem Takt der anderen und verlieren darüber ihre eigene innere Ordnung.

Zwischen diesen Extremen liegt die wahre Kunst darin, den eigenen Takt zu kennen, den fremden Takt zu hören und aus beiden ein Zusammenspiel zu komponieren.

Mark Twain hat es treffend auf den Punkt gebracht:

«Der richtige Ton macht das Lied und ein einziges falsches Wort kann die ganze Melodie verderben.»

Taktgefühl und die Verbindung zwischen Innen und Aussen

Taktgefühl entsteht, wenn das Innenleben eines Menschen sich so weit beruhigt hat, dass er wahrnimmt, was ausserhalb seiner selbst geschieht. Es ist eine doppelte Aufmerksamkeit:

  • zu spüren, wie es dem anderen geht,
  • und zugleich sich selbst nicht zu verlieren.

Es verlangt die Fähigkeit, die feinen Schwingungen wahrzunehmen. Ein zögernder Blick, ein leichtes Verspannen, eine Müdigkeit, die sich wie ein Schleier auf die Stimme legt. Taktgefühl heisst, auf diese Signale zu antworten, anstatt sie zu überrollen resp. zu ignorieren.

Der römische Philosoph Cicero sprach von humanitas, der Menschlichkeit in der Begegnung. Er schrieb:

«Nichts ist der Seele so zuwider wie Rohheit;
und nichts ist ihr so nah wie das Feingefühl.»

Taktgefühl ist Feingefühl in Bewegung. Es ist Menschlichkeit im Vollzug.

Wenn der Takt fehlt und Störungen, die tiefer treffen als Worte

Die Abwesenheit von Taktgefühl zeigt sich selten in grossen Katastrophen. Meist sind es kleine Störungen. Dies wie ein unscheinbarer Schlag gegen ein empfindliches Metronom, das plötzlich aus dem Rhythmus gerät.

Ein ehemaliger Kollege kann hierfür ein Paradebeispiel sein. Es gibt jene Menschen, die kein Gespür dafür entwickeln, wann ein anderer Mensch in tiefer Konzentration ist, im sogenannten Deep Work, wo der Geist versunken arbeitet wie ein Taucher in der Stille unter der Wasseroberfläche. Und just in diesen Momenten platzt dann eine Dödel-Frage, ein banaler Kommentar, eine beiläufige Aussage heraus, die keinerlei Dringlichkeit besitzt.

Was von aussen harmlos erscheint, ist innen eine Erschütterung. Wer im Flow ist, arbeitet in einem zerbrechlichen Zustand intensiver Verbindung. Ein unbedachtes Wort kann reichen, um das innere Metronom aus dem Takt zu werfen. Mit jedem erneuten Stören wird die Reaktion des „geschädigten“ schärfer. Dies nicht aus Unfreundlichkeit, sondern aus Selbstschutz.

Noch deutlicher zeigt sich Taktlosigkeit, wenn Menschen kein Gespür dafür besitzen, wie es anderen geht. Ein Kollege, der nicht sieht, dass jemand müde, angeschlagen oder überlastet ist, sondern stattdessen mit der Energie eines Menschen kommt, der das Rampenlicht für sich beanspruchen muss. Unabhängig davon, wie es dem Umfeld geht, verlangt er Aufmerksamkeit, schreitet voran wie ein Trommler, der nur noch seinen eigenen Schlag hört.

Es wirkt nicht aus Bosheit, sondern aus innerer Ungebundenheit durch die Unfähigkeit, feinere Frequenzen wahrzunehmen.

Doch der Effekt ist derselbe: Der andere Mensch fühlt sich überrollt.

Tiefenanalyse zum Warum, dass Taktgefühl so oft fehlt

Der Mangel an Taktgefühl ist eine stille Epidemie. Nicht weil Menschen böse sind, sondern weil sie oft überfordert, abgelenkt, verletzt oder gefangen in ihren eigenen Mustern sind.

a) Stress und Selbstüberlastung

Stress verengt den Blick.
Ein gestresster Mensch hört kaum noch zu und erkennt schon gar nicht die feinen Pausen, die ein Gespräch tragen.
Das innere Metronom läuft im Alarmmodus: zu schnell, zu laut, zu fordernd.

b) Ego-getriebene Wahrnehmung

Wer tief in sich das Gefühl trägt, ständig zu kurz zu kommen, entwickelt ein verzerrtes Verhältnis zur Aufmerksamkeit anderer.

Der Fokus wird zur Nahrung. Man drängt sich in den Vordergrund, nicht aus Arroganz, sondern aus einem Gefühl innerer Leere.

c) Mangel an Selbstreflexion

Viele Menschen haben nie gelernt, auf sich selbst zu hören. Wie sollen sie dann hören, wie es anderen geht?

Wer seine eigene Müdigkeit, seine eigenen Grenzen, seinen eigenen Stress nicht wahrnimmt, erkennt sie auch in anderen nicht.

d) Verlust der Pausenkultur

Unsere moderne Welt hat die Pause zur Schwäche erklärt sowie degradiert. Dabei sind Pausen das Rückgrat jedes Rhythmus.

Ohne Pause kein Takt. Ohne Takt kein Gefühl. Ohne Gefühl keine Empathie.

e) Fehlendes Modell, fehlende Vorbilder

Wer nie erlebt hat, wie Taktgefühl aussieht resp. sich anfühlt, kann es schwer entwickeln.
Marcus Aurelius schrieb in seinen Selbstbetrachtungen:

«Achte darauf, wie du andere behandelst,
denn du wirst ihnen in dir selbst wiederbegegnen.»

Taktgefühl ist erlernbar. Doch es braucht Modelle oder Schmerz als Lehrmeister.

Die Kunst der Pause als der unbesungene Held des Taktgefühls

Musik entsteht nicht aus der Fülle, sondern aus dem Raum zwischen den Tönen. So auch Beziehung. Ein Mensch, der Taktgefühl besitzt, schenkt dem anderen Pausen:

  • die Pause, um nachzudenken
  • die Pause, um zu atmen
  • die Pause, um sich zu ordnen
  • die Pause, um sich zu zeigen
  • die Pause, um sich Gehör zu verschaffen

In einer Welt, die immer schneller wird, ist Taktgefühl eine Form des aktiven Widerstands. Es ist die innere Entscheidung, nicht einfach weiterzureden, wenn ein anderer Mensch gerade von etwas bewegt ist, was keine Worte verträgt.

Taktgefühl als Form der Liebe

Vielleicht ist Taktgefühl eine der leisesten Formen der Liebe.
Nicht romantische Liebe, sondern jene innere Haltung, die dem Gegenüber Raum gibt. Ohne Forderung und ohne Bewertung.

Taktgefühl sagt:

«Ich sehe dich.
Nicht bloss das, was du zeigst,
sondern auch das, was du schützt.»

Es ist die tiefe Achtung vor der inneren Landschaft eines Menschen.

Eine Liebesbekundung an das empathische Taktgefühl

Oh du leises, oft überhörtes Taktgefühl,
du unsichtbare Dirigentin menschlicher Nähe,
du sanfter Atemzug zwischen Wort und Welt.

Wie oft wirst du vermisst, wenn du fehlst und
wie selten wirst du bemerkt, wenn du da bist.

Du bist keine Tugend für Höflichkeit, sondern eine Kraft für Verbundenheit.
Du bist ein Geschenk, das niemand fordern kann und jeder weitergeben darf.

Bleibe bei uns!
In unseren Gesprächen, in unseren Blicken, in unseren Pausen.

Denn ….. wo du bist, kann Menschlichkeit aufatmen.

Die Welt zu einer taktvollen Lebensbühne machen

Taktgefühl ist keine seltene Gabe. Es ist ein Muskel, der wächst, wenn man ihn nutzt.

Just hier beginnt deine Rolle, compagnon auf dieser Walz der Gedankenreise.
Deine Rolle als Mentor, als Wegbegleiter, als jemand, der den inneren Metronom-Schlag anderer Menschen wahrnimmt und ihnen zeigt, wie man mitfühlend, rücksichtsvoll und rhythmisch durchs Leben geht.

Sprich darüber. Teile deine Erfahrungen. Frage Menschen, wie sie sich fühlen, bevor du ihnen begegnest. Zeige ihnen, wie wohltuend es ist, gesehen zu werden. Lehre sie, dass es Mut braucht, zuzuhören und noch mehr Mut, zu pausieren.

Wenn wir anfangen, Taktgefühl zu kultivieren, entsteht eine neue Art von Welt auf einer Bühne, auf der jeder Mensch seinen eigenen Schritt gehen darf, während wir gemeinsam eine Melodie erschaffen, die trägt.

Vielleicht … ja vielleicht beginnt alles mit einem einzigen, stillen Schlagen eines inneren Metronoms.

In eigener Sache

Diese Gedankenreise darf sehr gern geteilt, diskutiert, weitergedacht werden.

DIESE Gedankenreise habe ich bewusst gekürzt, damit du Nemesis in dein Leben lassen kannst.
In dein Leben und für dein Leben.

Ich bin offen für Gespräche, Aufträge, Projekte – auch (oder gerade) in bewegten Zeiten wie wir sie aktuell durchleben.

Denn genau dann lohnt es sich, taktvoll und taktbewusst zu agieren, um dich wieder mit gewonnener Kraft auf Augenhöhe dem respektvollen Miteinander zuzuwenden und ein Mensch des positiven Handelns in Freiheit zu werden.

Mit Haltung.
Mit Tiefe.
Mit Freude an erfrischend respektvollen Leben.

Weisst du was?
Ich brauche dich nicht, weil du leidest oder arbeitest für mich.
Ich liebe dich, weil du DU bist – selbst, wenn du nichts tust.

La vita è bella! 😎
Herzlichst aus Helvetien, dein/euer Maurizio.

PS:
Solltest du über dieses oder andere Themen meiner Artikel und Blogs sprechen, sinnieren, philosophieren wollen, «I’m your man». Melde dich sehr gerne, wie es bisher schon einige sehr wertvolle Menschen und Firmen taten, mit denen ich bereits schöne sowie wertbringende Aktionen und Veränderungen umsetzen durfte.

Dir gehöre der erste Schritt – wir schreiten dann zusammen voran. Versprochen. 😉

PPS:
Ein Weg, mit mir in Dialog zu treten ist, dass du diesen Bolg von mir auf LinkedIn kommentierst oder darüber mit mir in Kontakt trittst.
Wie dahin? Ganz einfach mit Klick auf den Link hier rechts: https://www.linkedin.com/pulse/vom-taktgef%25C3%25BChl-maurizio-tondolo-nnnxf