Eine Reise in Etappen zur transparenten Objektivität.
Der Nebel des Lebens und das Versprechen der Objektivität
Im herbstlichen Dämmern liegt der Duft von Erde und Übergang. Die Luft trägt jene leise Schwere, die nach Innen ruft, dorthin, wo Denken nicht bloss Reaktion ist, sondern Begegnung.
In solchen Momenten erhebt sich die Frage nach Objektivität.
Nach jener eigentümlichen Reinheit, von der behauptet wird, sie sei möglich.
Doch was ist Objektivität anderes als ein Wunsch nach Klarheit im Nebel des Lebens?
Ein Leuchtfeuer, das ruft: «Da draussen gibt es eine Welt, die ist, wie sie ist und dies unabhängig von mir.
Doch, sobald jemand hinsieht, entsteht schon der erste Schatten des Subjektiven.
«Objektivität ist nicht das Gegenteil von Subjektivität, sondern deren zeitverzögerte, reflektierte Form.»
Erkennen heisst, den eigenen Blick mitdenken.
Cicero schrieb dazu passend:
«Nicht die Dinge selbst beunruhigen die Menschen,
sondern die Ansichten, die sie von den Dingen haben.»
Schon die Alten wussten, dass zwischen dem, was ist und dem, was wir wahrnehmen, ein Ozean aus Bedeutung liegt.
Wir tauchen also ein, nicht um das Wasser zu messen, sondern um zu spüren, wie es uns trägt.
Diese Reise ist kein wissenschaftlicher Bericht, sondern eine Einladung zum Denken, quasi ein freies Freediven in die Tiefe, ohne das Sonnenlicht und somit die Farbe zu verlieren.
Vom Pentagon zum Polygon der Wahrnehmung
Fünf Sinne, das Pentagon des Menschseins. Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Fühlen.
Fünf feste Anker, die uns mit der Welt verweben. Sie sind wie Saiten, auf denen das Leben spielt, jede mit eigener Tonlage, eigenem Timbre, eigener DNA.
Doch etwas fehlt, wenn nur fünf erklingen. Zwischen den Saiten klingt eine sechste, kaum hörbare. Es ist dies die Intuition. Sie ist kein Sinn im anatomischen Sinn, und doch DER Sinn für das Ganze. Sie verbindet, wo die anderen trennen.
Sie ist das ungesagte Wissen, das ahnt, bevor der Verstand zählt. Sie lässt uns spüren, ob ein Fakt zwar korrekt sein mag, aber nicht wahrhaftig erscheint.
«Ein Fakt ist eine Beobachtung,
die genügend Zustimmung gefunden hat,
um wahr zu heissen.»
Doch Zustimmung ersetzt nicht Wahrheit. Zustimmung ist bloss ein Echo vieler Stimmen im selben Tal. Die Intuition hört, woher das Echo kommt.
So wird aus dem Pentagon der Sinne ein Polygon der Wahrnehmung.
Eine bewegliche Gestalt aus sechs subjektiven Ecken, die sich gegenseitig stützen, sich korrigieren, sich befragen. Objektivität entsteht hier nicht durch Ausschluss des Subjektiven, sondern durch seine bewusste Integration. Das Polygon ist kein starrer Körper, sondern eine atmende Figur, deren Linien sich je nach Aufmerksamkeit verschieben.
Seneca notierte einst zum Thema passend:
«Es ist nicht wenig Zeit, die wir haben,
sondern viel, die wir nicht nutzen.»
Das gilt auch für unsere Sinne. Wir nutzen sie selten zeithleich. Wir hören ohne zu sehen, wir sehen ohne zu fühlen, wir wissen ohne zu spüren. So verarmen wir an Ganzheit.
Der Weg zur Objektivität führt vielleicht nicht über Reduktion, sondern über Erweiterung. Über die Erinnerung, dass das Denken nur dann klar sieht, wenn es mit allen Sinnen achtsam lauscht.
Das Auge, das sieht und der blinde Fleck der Gewissheit
Das Auge, heisst es, sei der Inbegriff der Objektivität. Es nimmt Licht auf, wandelt es in Bilder, zeigt uns «die Welt, wie sie ist». Doch in Wahrheit ist das Auge ein Übersetzer, kein Spiegel. Licht trifft auf Netzhaut, wird zu Signalen, dann zu Mustern, dann zu Bedeutungen. Und … sehen tun wir erst im Gehirn, wo Erinnerung, Erwartung und Gefühl schon warten.
«Wer sich selbst beim Sehen erkennt,
beginnt vielleicht erst wirklich zu sehen.»
Das ist der Moment, in dem Objektivität geboren wird. Dies nicht im Auge, sondern im Bewusstsein des Blicks.
Manche Menschen tragen Scheuklappen wie Pferde, die im Lärm der Strasse geführt werden.
Diese Scheuklappen sind nicht physisch, sondern kognitiv. Sie engen das Sichtfeld ein, um Sicherheit zu geben. Doch was uns schützt, begrenzt uns auch. Objektivität verlangt nicht, die Scheuklappen abzureissen, sondern sie zu erkennen, während wir an ihnen vorbeisehen.
Das Auge besitzt kein Zoom, keinen Weitwinkel.
Doch kann es beides, dies mit heranzoomen durch Konzentration und auszoomen durch Kontemplation.
Konzentration schärft den Punkt, Kontemplation öffnet den Raum. Das Auge folgt dabei der Bewegung des Bewusstseins. Objektivität entsteht nicht durch Schärfe allein, sondern durch den Wechsel zwischen Schärfe und Weite, so wie beim Ein- und Ausatmen.
Goethe schrieb passend:
«Man sieht nur, was man weiss.»
Ein Satz, der zugleich warnt und tröstet. Wissen öffnet die Augen und färbt sie.
Je mehr wir wissen, desto mehr sind wir gefordert, uns selbst im Wissen zu erkennen und unser Wissen zu hinterfragen.
Die Minderheit der Sinne und die Illusion der Faktizität
In der Welt des Heute wird Wahrheit gesendet. Sie kommt durch Kabel, Bildschirme, Wellen, Signale und sie erreicht uns vor allem über zwei Kanäle: Ohr und Auge.
Die Tagesschau spricht, das Smartphone zeigt und schon scheint die Wirklichkeit angekommen.
Doch das ist eine Minderheit der Sinne, ein Duett, das vorgibt, ein Orchester zu sein.
Was der Mensch hört und sieht, hält er für Fakt.
Doch wie kann etwas ganz wahr sein, wenn drei weitere Sinne schweigen und der sechste nichts ahnt?
Das Bild hat keine Temperatur, die Stimme keinen Geruch, die Nachricht keinen Geschmack. So entsteht eine zweidimensionale Objektivität. Ein feines, klares, aber flaches Abbild. Wir nennen es Information, obwohl es oft nur die halbe Wahrnehmung ist. Wenn überhaupt…..
«Ein Fakt ist eine Beobachtung, die genügend Zustimmung gefunden hat, um wahr zu heissen.»
In der Medienwelt wird Zustimmung millionenfach multipliziert und Wahrheit verwandelt sich in das, worüber man sich einig ist, nicht notwendigerweise in das, was ist.
Mark Twain warnte einmal:
«Es ist leichter, Menschen zu täuschen,
als sie davon zu überzeugen, dass sie getäuscht worden sind.»
Die Leichtigkeit des Empfangens ersetzt die Mühe des Verstehens. Wir hören, aber wir lauschen nicht. Wir sehen, aber wir betrachten nicht. Das führt uns zu einer gefährlichen Form von Objektivität. Einer Objektivität ohne Berührung, die zwar Distanz schafft, aber keine Tiefe.
Wahrheit jedoch ist mehr als ein Bild und ein Ton. Sie ist ein Kontakt. Sie entsteht erst, wenn mehrere Sinne, auch die inneren, dasselbe Lied erkennen. Erst dann wird aus Information Erkenntnis.
Heranzoomen durch Konzentration, Auszoomen durch Kontemplation
In einer Welt, die alles vergrössert, verliert man leicht das Mass. Konzentration, dieses Heranzoomen, gilt als Tugend der Effizienz. Wir fokussieren, analysieren, trennen, vergleichen. Doch wer zu lange durch die Linse blickt, vergisst, dass er sie in der Hand hält.
Objektivität braucht das Gegenteil ebenso, die Kontemplation. Das Auszoomen, das Loslassen der scharfen Kante, das sich Entfernen, um den Zusammenhang zu sehen. Erst wenn Konzentration und Kontemplation einander ergänzen, entsteht die transparente Klarheit, die nicht vom Detail erdrückt und vom Ganzen nicht überflutet wird.
Man könnte sagen, dass Objektivität die Balance zwischen Fokus und Ferne ist, also zwischen Denken und Schauen sowie zwischen Wissen und Staunen.
Der stoische Philosoph Epiktet erinnerte:
«Nicht die Dinge an sich beunruhigen uns,
sondern unsere Vorstellungen von den Dingen.»
Konzentration ohne Kontemplation führt zur Verengung wohingegen Kontemplation ohne Konzentration zur Auflösung führt. Beide zusammen ergeben jene feine Spannung, in der Erkenntnis atmet und lebt.
Der Mensch, der das wechselt, lebt sehend. Er gewährt dem Blick Bewegung, schenkt dem Geiste Raum und dem Herzen Ruhe.
Transparente Objektivität, wenn das Subjekt durchsichtig wird
Am Ende dieser Reise bleibt die Einsicht, dass Objektivität kein Ort ist, sondern ein Zustand des Bewusstseins. Sie beginnt dort, wo das Ich nicht verschwindet, sondern sich im eigenen Sehen erkennt.
So gerne nochmals diese Zeilen:
«Wer sich selbst beim Sehen erkennt,
beginnt vielleicht erst wirklich zu sehen.»
Transparente Objektivität ist jene, die das Subjekt nicht verleugnet, sondern erhellt. Der Betrachter bleibt sichtbar, wie ein Schatten im Bild, doch dieser Schatten verleiht Tiefe. Das ist keine Schwäche, sondern Aufrichtigkeit.
Wenn der Mensch weiss, dass sein Blick mitleuchtet, wird die Welt nicht ärmer, sondern wahrhaftiger. Denn Objektivität ist keine Glaswand zwischen uns und der Welt, sondern eine Glasscheibe, durch die beide Seiten sichtbar sind.
Goethe dazu:
«Was du ererbt von deinen Vätern hast,
erwirb es, um es zu besitzen.»
So gilt auch, was du siehst, erkenne, um es zu verstehen. Die Welt will nicht nur beobachtet, sie will bewohnt werden.
Vielleicht, am Ende, besteht die höchste Form der Objektivität darin, mit allen Sinnen zu sehen, mit allen Gedanken zu fühlen und mit allen Gefühlen zu denken.
Mein Schlusswort: Vom Hirnbesitzer zum Hirnnutzer
Diese Reise war kein Lehrpfad, sondern eine Einladung. Wer sie liest, liest nicht nur Zeilen, er liest sich selbst zwischen ihnen. Denn Denken ist kein Automatismus, es ist eine tägliche Feier des Bewusstseins.
«Das Hirn zu besitzen, ist Biologie.
Es zu nutzen, ist Kultur.»
Just diese Kultur entsteht, wenn wir die Objektivität nicht als heiligen Gral verehren, sondern als bewegliche Kunstform. Eine Übung im Sehen, Hören, Fühlen, Denken.
Vielleicht beginnt dort der Wandel, vom Konsumenten zur Zeugin, vom Beobachter zum Mitsehenden und zuallerletzt – vom Hirnbesitzer zum Hirnnutzer.
Wenn wir das nächste Mal jemandem zuhören, eine Schlagzeile lesen, ein Bild betrachten, dann mögen wir uns kurz fragen ….. mit welchem Objektiv sehe ich gerade? Mit welchem Ohr höre ich und was ahnt der sechste Sinn im Bauch?
«Wer sich selbst beim Sehen erkennt, beginnt vielleicht erst wirklich zu leben.»
In eigener Sache
In eigener Sache
Diese Gedankenreise darf sehr gern geteilt, diskutiert, weitergedacht werden.
DIESE Gedankenreise habe ich bewusst gekürzt, damit du Nemesis in dein Leben lassen kannst.
In dein Leben und für dein Leben.
Ich bin offen für Gespräche, Aufträge, Projekte – auch (oder gerade) in bewegten Zeiten wie wir sie aktuell durchleben.
Denn genau dann lohnt es sich, sich bewusst beim Sehen zu erkennen sowie wirklich zu leben, um dich wieder mit gewonnener Kraft auf Augenhöhe dem respektvollen Miteinander zuzuwenden und ein Mensch des positiven Handelns in Freiheit zu werden.
Mit Haltung.
Mit Tiefe.
Mit Freude an erfrischend respektvollen Leben.
Weisst du was?
Ich brauche dich nicht, weil du leidest oder arbeitest für mich.
Ich liebe dich, weil du DU bist – selbst, wenn du nichts tust.
La vita è bella! 😎
Herzlichst aus Helvetien, dein/euer Maurizio.
PS:
Solltest du über dieses oder andere Themen meiner Artikel und Blogs sprechen, sinnieren, philosophieren wollen, «I’m your man». Melde dich sehr gerne, wie es bisher schon einige sehr wertvolle Menschen und Firmen taten, mit denen ich bereits schöne sowie wertbringende Aktionen und Veränderungen umsetzen durfte.
Dir gehöre der erste Schritt – wir schreiten dann zusammen voran. Versprochen. 😉
PPS:
Ein Weg, mit mir in Dialog zu treten ist, dass du diesen Bolg von mir auf LinkedIn kommentierst oder darüber mit mir in Kontakt trittst.
Wie dahin? Ganz einfach mit Klick auf den Link hier rechts: https://www.linkedin.com/pulse/vom-pentagon-zum-polygon-der-wahrnehmung-maurizio-tondolo-iwrof