Eine Gedankenreise über Authentizität, Resonanz und gelebten Mut.
Der stille Spiegel
Wenn zwei Menschen einander begegnen, beginnt ein stilles Orchester zu spielen.
Noch bevor ein Wort fällt, schwingen ihre Nervensysteme miteinander. Die Neurowissenschaft nennt es Spiegelneuronen.
Es sind dies winzige Zellen, die fühlen, was der andere fühlt. Sie lassen uns lächeln, wenn jemand lacht und die Kehle eng werden, wenn jemand weint.
Vielleicht ist das der wahre Ursprung von Resonanz. Dies nicht in Worten, sondern im Mit-Schwingen. Darum verbinden sich Menschen nicht mit Leistungsversprechen, sondern mit Resonanz. Mit dem Echo, das etwas Echtes in ihnen berührt.
In einer Welt, in der viele nur noch senden, ohne wahrhaftig zu hören, verliert sich der Klang des Eigenen. Wir wiederholen Phrasen, kopieren Haltungen, werden zu Kopien von Kopien und wundern uns, warum es leer und flach klingt.
Doch unter all dem Lärm liegt etwas Ruhiges. Das Eigene, das Authentische. Es spricht leise, aber es trägt weit. Wer ihm folgt, spürt zuerst Unruhe. Denn Wahrhaftigkeit löst Sediment sowie alte Schichten aus Angst, Anpassung und Erwartung, die sich über Jahre abgesetzt haben. Das Wasser wird trüb, bevor es klar wird.
Aber dann, wenn sich der Bodensatz legt, spiegelt das Wasser wieder, was längst da war. Ein einzigartiges Gesicht, das echt und wahr ist.
Vielleicht ist das der Beginn jeder Reise zu sich selbst und nicht der Ruf nach noch mehr, sondern die Rückkehr zum Wesentlichen.
Die Kunst, sich treu zu bleiben
Kopien sind keine Originale. Und ….. Kopien von Kopien erst recht nicht.
Trotzdem verbringen viele Menschen Jahre damit, genau das zu werden, ein möglichst identisches Abbild dessen, was akzeptiert wird, was in Systeme passt, was nicht aneckt.
Die Psychologie nennt es soziale Anpassung.
Ein Mechanismus, der uns einst das Überleben sicherte. Wer sich der Gruppe anpasste, war geschützt, hatte Nahrung, Zugehörigkeit, eine Höhle, ein Dach über den Kopf, ein Lagerfeuer. Doch was uns einst sicherte, kann uns heute trennen ….. trennen von uns selbst.
Untersuchungen zeigen, dass Menschen, die ihr Verhalten ständig an fremde Erwartungen anpassen, häufiger unter Erschöpfung, innerer Leere und Sinnverlust leiden. Daraf stoss ich unlängst über einen Artikel von Ryan & Deci, Self-Determination Theory, 2000.
Das ICH wird zu einem Kostüm, das irgendwann zu eng wird.
Sich selbst treu zu bleiben, ist keinesfalls ein heroischer Akt, sondern eine leise, konsequente Übung. Jeden Tag ein Stück Wahrheit mehr leben, auch wenn sie unbequem ist. Unbequem für dich und für dein Umfeld.
Echtheit braucht keine Bühne sondern Bewusstsein. Manchmal, ja manchmal auch die Bereitschaft, Unruhe auszuhalten.
Denn wer beginnt, das Fremde und NICHT-eigene abzustreifen, löst wieder Sediment. All das, was sich aus fremden Ansprüchen abgelagert hat. Doch unter jeder Schicht wartet etwas Kostbares, das unverwechselbare Original.
Und vielleicht ist das grösste Geschenk an die Welt und dein Umfeld nicht, dass wir perfekt funktionieren, sondern dass wir echt klingen.
Zivilcourage im Alltag
Zivilcourage. Ja, Zivilcourage, das klingt vielleicht nach grossen Gesten, nach Plakaten, nach Heldenmut, nach Ritter und Rüstung. Doch im Alltag ist sie leiser. Sie zeigt sich nicht im Rampenlicht, sondern in kleinen Momenten, in denen man sich entscheidet, nicht wegzuschauen.
Ich erinnere mich an Situationen, in denen ich spürte, wie der Raum still wurde, wenn ich etwas aussprach, das andere nur dachten. Kein Applaus. Nur Schweigen. Diese Art von Stille ist besonders. Diese Stille prüft, ob man wirklich meint, was man sagt.
Wer zu seiner inneren Wahrheit steht, wird oft nicht belohnt, dennoch bestimmt befreit.
Es kostet Mut, in einer Welt der Zustimmung zu sagen: «Ich sehe das anders.» und es kostetoch mehr Mut, es mit Respekt zu tun.
Der Philosophe Voltaire (zugeschrieben durch Evelyn Beatrice Hall) brachte es auf den Punkt:
«Ich mag verdammen, was du sagst,
aber ich werde dein Recht, es zu sagen, bis zum Tod verteidigen.»
Diese Haltung ist selten geworden ….. ZU selten. In vielen Systemen herrscht das Prinzip der stillen Loyalität. Dies nicht, weil Menschen feige wären, sondern weil Angst vor Ausschluss tiefer sitzt, als wir zugeben wollen.
Doch jedes Mal, wenn jemand aufsteht, nicht um zu kämpfen, sondern um klar zu bleiben, entsteht Resonanz. Andere, die dachten, sie seien allein auf dem Terrain, heben plötzlich ebenfalls den Kopf.
Zivilcourage beginnt nicht mit Lautstärke, sondern mit Aufrichtigkeit. Sie braucht keine Feinde sondern Rückgrat.
Vielleicht, ja bestimmt ist sie die reinste Form von Authentizität. Das Tun des Richtigen, auch wenn niemand klatscht.
Das Sediment des Systems
Systeme sind wie Flüsse. Sie tragen uns, geben Richtung, ermöglichen Bewegung, sugerieren vermeintliche Sicherheit. Doch ….. wer zu lange im gleichen Strom schwimmt, merkt oft nicht, wie sich feiner Sand um die Füsse legt. Erst warm, dann schwer.
Dieses Sediment besteht nicht aus Erde, sondern aus Erwartungen, Routinen, leisen Anpassungen. Schicht um Schicht legt es sich um das Eigene, bis man sich kaum mehr bewegt, weil man gelernt hat, «wie man es eben macht».
Irgendwann spürt man, dass das Wasser trüb geworden ist. Nicht, weil jemand Schmutz hineingeworfen hat, sondern weil sich das Abgesetzte aufgewirbelt hat. Das, was man jahrelang hinuntergedrückt hat in Form von unausgesprochenen Zweifeln, verschluckter Gedanken, kleiner Kompromisse, die man «notwendig» nannte.
Wer beginnt, diese Schichten abzuspülen, erlebt zuerst keine Klarheit, sondern Chaos. Es riecht nach Aufbruch und Unsicherheit.
Doch genau hier liegt die Reinigung.
«Das Trübe ist das Sichtbarwerden dessen, was nicht mehr zu uns gehört.»
In der Natur braucht Wasser Bewegung, um klar zu werden. Stillstand lässt es kippen.
So ist es auch mit uns. Das Aufrühren des Sediments ist kein Zeichen von Scheitern, sondern von Lebendigkeit!
Wenn sich der Strom dann wieder legt, bleibt zurück, was trägt. Ein Ich, das nicht mehr aus Ablagerungen besteht, sondern aus reinster Essenz.
Vielleicht ist das die grösste Freiheit, im nicht gegen den Fluss zu schwimmen, sondern endlich mit offenem Blick im eigenen Wasser zu stehen.
Vom Mut, zuzuhören
Es braucht Mut, zu sprechen. Doch manchmal braucht es noch mehr Mut, zu schweigen. Nicht aus Angst, sondern aus Achtung und tiefem Respekt.
Zuhören ist keine Pause im Gespräch, Zuhören ist das Gespräch.
In einer Zeit, in der zunehmen (zu) viele senden, um gehört zu werden, ist Zuhören fast zu einer radikalen Tat geworden. Denn wer wirklich zuhört, riskiert, sich berühren zu lassen.
Respekt vor der Andersstimmigkeit bedeutet, das eigene Weltbild weit genug zu machen, dass auch eine andere Wahrheit darin Platz findet und sich entfalten kann.
Studien zeigen, dass echtes Zuhören, aktives, präsentes, urteilsfreies, die Aktivität jener Hirnareale steigert, die mit Empathie, Vertrauen und sozialem Bindungserleben verknüpft sind.
Das heisst:
«Wer zuhört, verbindet.
Nicht mit Worten, sondern mit Resonanz.»
Vielleicht ist das der leise Kern von Menschlichkeit, dem anderen nicht zuzustimmen, aber ihn trotzdem zu verstehen resp. zumindest es zu versuchen.
Vielleicht ist es just das, was Zivilcourage im Innersten nährt. Die Bereitschaft, nicht recht haben zu müssen, um ganz zu bleiben.
Denn wer mit offenem Ohr hört des Verstehens willen, hört auch sich selbst wieder.
Und da, in dieser stillen Übereinstimmung, beginnt das klare Wasser zu spiegeln. Nicht das Gegenüber, sondern das Gemeinsame.
Das klare Wasser
Wenn sich die Sedimente gelegt haben, wenn das Wasser wieder durchsichtig strahlt, dann sehen wir nicht mehr nur uns selbst, sondern auch den Himmel darüber.
Authentizität ist kein Ziel, sondern ein ständiges Klarkommen mit dem, was in uns wahr ist. Sie braucht viel Mut, gelebte Demut und manchmal auch Geduld, weil sie uns zeigt, wo wir uns noch verstecken.
Doch jedes Mal, wenn jemand beschliesst, ehrlich zu klingen statt perfekt zu wirken, wird die Welt ein Stück heller. Denn Wahrhaftigkeit ist ansteckend, sie schafft Resonanzräume, in denen andere den Mut finden, ebenfalls sich selbst zu sein.
Vielleicht ist genau das die Bewegung, die unsere Zeit so dringend braucht. Weniger Anpassung, mehr Aufrichtigkeit.
Nicht alle müssen laut werden, doch alle dürfen echt sein.
Wenn wir es schaffen, den Mut zur eigenen Stimme mit Respekt vor der Andersstimmigkeit zu verbinden, dann entsteht etwas, das grösser ist als jede Meinung. Es entsteht ein gemeinsamer Klang.
Ein gemeinsamer Klant so klar wie Wasser und so Ruhig wie Vertrauen.
Möge diese Klarheit Kreise ziehen, dies weit über uns hinaus, bis dorthin, wo Menschsein wieder bedeutet: Ich bin und du darfst auch du sein.
Mein Nachwort für diejenigen, welche weitergehen wollen
Diese Zeilen sind mehr als Gedanken. Diese Zeilen sind ein Spiegel meiner Haltung, meines Weges und meines Wofürs auf diesem Lernplaneten namens Erde.
Ich glaube daran, dass Wandel nicht in Strategiepapiere geschrieben wird, sondern in Menschen beginnt. In ihrem Mut, sich zu zeigen und in ihrer Bereitschaft, echt zu führen.
Wer mit mir arbeitet, begegnet keinem Konzept, sondern einem Menschen, der zuhört, hinterfragt, bewegt und den Raum öffnet für Entwicklung, die bleibt.
Ich begleite Organisationen, Teams und Einzelne, die bereit sind, mehr zu sein als nur funktional. Die wissen, dass Kultur kein Schlagwort ist, sondern gelebte Haltung ist.
Wenn dich diese Zeilen berührt haben, dann vielleicht, weil auch in dir etwas schwingt, das sagt: «Da geht mehr.»
Lass uns darüber sprechen. Nicht über Methoden, sondern über Möglichkeiten. Über den Mut zur eigenen Stimme und den Klang, der entsteht, wenn sie auf andere trifft.
Ein HOCH auf die Spiegelneuronen.
Ich freue mich auf Begegnungen, die echt sind.
In eigener Sache
Diese Gedankenreise darf sehr gern geteilt, diskutiert, weitergedacht werden.
DIESE Gedankenreise habe ich bewusst gekürzt, damit du Nemesis in dein Leben lassen kannst.
In dein Leben und für dein Leben.
Ich bin offen für Gespräche, Aufträge, Projekte – auch (oder gerade) in bewegten Zeiten wie wir sie aktuell durchleben.
Denn genau dann lohnt es sich, Echt-SEIN zu leben und konzentriert zuzuhören, um dich wieder mit gewonnener Kraft auf Augenhöhe dem respektvollen Miteinander zuzuwenden und ein Mensch des positiven Handelns in Freiheit zu werden.
Mit Haltung.
Mit Tiefe.
Mit Freude an erfrischend respektvollen Leben.
Weisst du was?
Ich brauche dich nicht, weil du leidest oder arbeitest für mich.
Ich liebe dich, weil du DU bist – selbst, wenn du nichts tust.
La vita è bella! 😎
Herzlichst aus Helvetien, dein/euer Maurizio.
PS:
Solltest du über dieses oder andere Themen meiner Artikel und Blogs sprechen, sinnieren, philosophieren wollen, «I’m your man». Melde dich sehr gerne, wie es bisher schon einige sehr wertvolle Menschen und Firmen taten, mit denen ich bereits schöne sowie wertbringende Aktionen und Veränderungen umsetzen durfte.
Dir gehöre der erste Schritt – wir schreiten dann zusammen voran. Versprochen. 😉
PPS:
Ein Weg, mit mir in Dialog zu treten ist, dass du diesen Bolg von mir auf LinkedIn kommentierst oder darüber mit mir in Kontakt trittst.
Wie dahin? Ganz einfach mit Klick auf den Link hier rechts: https://www.linkedin.com/pulse/mut-zur-eigenen-stimme-und-respekt-vor-der-maurizio-tondolo-mu2xc