Oder, wie flatternde Hennen, Hausmeister und Pareto-Zombies unsere Lebenszeit fressen und wie wir uns wieder ins eigene Bühnen-Stück des Lebens zurückschreiben.
Es war beim Bruschetta-Zubereiten. Gestern Abend, in unserer Küche. Tomaten. Knoblauch. Frisches Basilikum. Zwiebeln, delikates naturbelassenes Olivenöl aus Sizilien.
Die Küche roch nach Sommer.
Der Kopf war leer … angenehm leer. Ein seltener Zustand.
Und, genau dort, wo sich gerade nichts aufdrängte, kein Ping als Hinweis, kein «Hast du kurz Zeit?», kein Kalender, eben …. nichts …. erschien plötzlich ein Satz wie aus dem Nichts.
«Dringend steht oft auf zwei Beinen, erscheint unaufgefordert unter dem Türrahmen und
geht zeitweise mächtig auf den Sack.»
So stand ich da. Mit röstendem Brot in der Pfanne und der Erkenntnis, dass die wirklich lauten Dinge im Alltag selten die wirklich wichtigen sind.
Dringlichkeit ist ein penetranter Gast. Sie klopft nicht, sie tritt unaufgefordert ein. Und, sie bringt selten Wein mit.
Szene I ¦ Wenn Dringlichkeit lauter schreit als Bedeutung
Wir leben in einer Arbeitswelt, in der nicht die besten Ideen gewinnen, sondern oft die lautesten Probleme.
Was dringend ist, wirkt wichtig. Was wichtig wäre, wird oft auf «wenn es mal ruhiger ist» verschoben.
Kleiner Spoiler …. Es wird nie ruhiger!
Dringlichkeit lebt von Aufmerksamkeit. Sie ernährt sich davon wie ein Teenager von Pizza. Schnell, ungeduldig, immer hungrig, verschlingend. Sie springt auf dein Mail-Postfach, wirft Slack-Nachrichten wie Konfetti und sagt dir penetrant: «Das muss jetzt erledigt werden. JETZT!»
Nur, muss es das wirklich oder ist es bloss der Echoeffekt fremder Versäumnisse?
Szene II ¦ Wichtig ≠ Dringend! Ein unterschätzter Unterschied mit grossen Folgen
Das Eisenhower-Prinzip hat’s längst erklärt. Doch Hand aufs Herz, wer lebt das wirklich im Alltag? Gestern, heute und …. morgen?
- Wichtig UND dringend
→ selten, aber klar. GO! - Wichtig, NICHT dringend
→ das echte Gold. Strategie. Tiefgang. Sinn. GO! - Dringend, NICHT wichtig
→ Drama. Delegation. Tür zu. Verbannen. Weg damit! - Weder noch
→ gönn dir eine Pause, die tut dir gut!
Aber die Realität? Die meisten Menschen agieren im dritten Quadranten. Sie lassen sich in eine Welt aus Ad-hoc-Aufgaben, halbgeplanten Meetings und Ping-Pong-Verantwortlichkeiten hineinziehen.
Nicht, weil sie es wollen, sondern weil sie es nicht bewusst nicht tun. Sie können sich nicht (mehr) retten davor.
Szene III ¦ Die Typologie der Dringlichkeits-Gestalten
Jetzt wird’s bunt. Denn Dringlichkeit hat Gesichter und sie begegnet dir täglich. Ob du willst oder nicht.
1: Der Hausmeister des Chaos
Er kommt immer zu spät, aber mit Druck. Er weiss nicht genau, was passiert ist, aber du sollst es bitte sofort lösen. Er ist nicht böswillig. Nur überfordert. Und, plötzlich wird sein Problem zu deinem Projekt.
Typischer Satz:
«Ich brauch dich kurz – es ist dringend.» Und schon ist es um dich geschehen…..
2: Die flatternde Henne
Sie ist laut und höchst unkoordiniert. Sie meint’s gut. Aber sie bringt jede Agenda durcheinander, wie ein Ventilator im Papiersaal. Für sie ist alles gleichermassen wichtig und damit nichts mehr wirklich.
Typischer Satz:
«Ich bin voll überfordert, ich weiss auch nicht mehr, wo mir der Kopf steht.» Gute Nacht dann – viel Spass…..
3: Der stille Sogmensch
Er kommt leise. Freundlich. Er fragt nicht viel. Er stellt keine Forderung. Er lädt dich in sein Chaos ein, wie in eine WG ohne Putzplan. Du wachst auf und hast seine Aufgaben übernommen.
Typischer Satz:
«Du kennst dich da ja besser aus als ich.» Der Übergriff sitzt und du kannst jetzt ausbaden. Rette sich wer kann…..
4: Der Pareto-Zombie
Er sprintet mit 80% Energie in jede Richtung und bringt 20% Resultat. Er lebt von BUSY-ness, von Kalenderfülle und von deinem Mitleid. Er ist überall, aber nirgends wirksam.
Typischer Satz:
«Ich weiss auch nicht mehr, wie ich das alles schaffen soll.» Und Mutter-Theresa resp. Vater-Ghandi ist ihnen auf den Leim gegangen. Go-Theresa….GO…..
Alle vier gehören zur Menschenfamilie. Keine Frage. ABER….
Du musst nicht mit ihnen zusammenziehen.
Die 4 Dringlichkeitsgestalten als Archetypen tabellarisch
Archetyp | Beschreibung | Wirkung | Heilung |
Der Hausmeister des Chaos | Taucht auf, wenn etwas bei ihm brennt. Oft selbst verursacht. Erwartet, dass du den Schlauch hältst und das Feuer löschst. | Verdrängt Verantwortung, erzeugt Schuld-Druck. | Spiegel geben, Klarheit zeigen, Grenzen setzen. |
Die flatternde Henne | Laut, panisch, flattert durch alle Agenden. Alles ist jetzt und alles wichtig. | Zieht Fokus und Energie ab, erzeugt Stress-Smog. | Mit Ruhe begegnen, Prioritäten klären helfen. |
Der stille Sog | Kommt scheinbar sanft, mit subtiler Dringlichkeit. «Nur kurz». Doch es wird nie nur kurz. | Lullt dich in Kooperationszwang, entzieht Ressourcen. | Reflexion ermöglichen, die versteckte Agenda aufdecken. |
Der Pareto-Zombie | Hetzt von 80%-Projekt zu 80%-Projekt. Immer überlastet, nie wirksam. Holt sich Kraft von aussen. | Erzeugt Burnout-Atmosphäre, vereinnahmt Kapazität. | Wirkungslosigkeit sichtbar machen, Selbstwirksamkeit stärken. |
Szene IV ¦ Wenn du keine eigenen Ziele hast, wirst du deren Opfer
Hier liegt der wahre Kern und die Weisheit.
Wer kein eigenes inneres Ziel hat, keinen eigenen Fokus, keine Vision etc., der wird zum Nebendarsteller in den Projekten anderer.
Kein Ziel zu haben ist kein Ausdruck von Freiheit,
sondern Einladung zum Fremdgetriebenwerden.
Das Vakuum zieht wie das schwarze Loch alles an, was reinkommt!
Dringlichkeit, Drama, Fremdsteuerung, Mikrokrisen.
Nur schnell was helfen und schon bist du im Perpetuum-Mobile Dritter gefangen.
Ein Mensch ohne Ziel ist wie ein GPS ohne Adresse.
Es zeigt zwar die/eine Karte, aber man bleibt einfach stehen, während andere das Steuer übernehmen.
Szene V ¦ Was wirklich verloren geht dabei sind Fokus, Wirksamkeit und wertvolle Lebenszeit
Viele reden von Effizienz, doch nur wenige fragen ….. «Wofür eigentlich?».
Denn auch zehn perfekt abgehakte To-Dos bringen wenig, wenn sie nichts mit dir, deiner Haltung, deinem inneren Kompass und deinem intrinsischen Feuer zu tun haben.
Was verloren geht, sind:
- Fokuszeit: «Deep Work» wird zu «Deep Waste»
- Selbstwirksamkeit: Du wirst zum Avatar im Game anderer.
- Klarheit: Die Landkarte wird zum Wimmelbild.
- Lebenszeit: Beschäftigt ja, doch keinesfalls erfüllt.
Und das ist keine Management-Philosophie. Das ist Alltag. Leider Realität.
Was geht verloren? Was kostet das alles?
Eine Annäherung, nicht wissenschaftlich exakt, aber gefühlt sehr real.
Verlust | Beschreibung | Wirkung |
Fokus-Zeit | Tiefe, kreative, ungestörte Arbeitszeit, zerstückelt durch Dringlichkeits-Interventionen. | Projekte dauern länger, Qualität sinkt, Ideen verdampfen. |
Selbstwirksamkeit | Menschen erleben sich als Getriebene statt als Gestalter. | Motivation schwindet, Zynismus steigt. |
Teamkultur | Helfer-Syndrome treffen auf Unverbindlichkeit. | Unklarheit, Stress, unterschwellige Aggression. |
Zielklarheit | Ohne eigenes Ziel kein Navigationssystem. | Reaktives Arbeiten dominiert, Prioritäten verschwimmen. |
Lebenszeit | Die stille Tragik. Man war beschäftigt, aber nicht erfüllt. | Burnout ohne sichtbaren Gegner. |
Szene VI ¦ Kein Zeigefinger, jedoch ein klarer Blick
Dieser Beitrag ist keine Anklage. Die Hennen, die Hausmeister, die Zombies, sie sind nicht böse. Sie spielen nur ihre Rolle.
Manchmal unbewusst.
Manchmal im Überlebensmodus.
Manchmal aus alten Mustern.
Manchmal gefangen in den eigenen Fesseln.
Aber du darfst deine Rolle wählen.
Du darfst Abstand nehmen.
Du darfst NEIN sagen. Nicht aus Trotz, sondern aus Klarheit.
Du darfst deine eigene Szene schreiben.
Nicht gegen andere. Sondern für dich!
Ein Schlussbild einer Welt mit weniger Drama und mehr Bedeutung
Stell dir vor:
- Eine Arbeitswelt, in der wichtig lauter wird als dringend
- In der Menschen mit eigenen Zielen anderen helfen, nicht aus Selbstvergessenheit
- In der Klarheit nicht kalt, sondern freundlich ist und
- In der Humor als Schutzschild gegen Drama funktioniert
Vielleicht beginnt diese Welt nicht mit einem grossen Systemwandel, sondern mit einem Bruschetta-Moment.
Der Vorhang bleibt offen. Aber jetzt sitzt du wieder im Regiestuhl.
Und das Stück? Das darf richtig gut werden, denn es ist DEIN Stück!
In eigener Sache
Diese Gedankenreise darf sehr gern geteilt, diskutiert, weitergedacht werden.
DIESE Gedankenreise habe ich bewusst gekürzt, damit du Nemesis in dein Leben lassen kannst.
In dein Leben und für dein Leben.
Ich bin offen für Gespräche, Aufträge, Projekte – auch (oder gerade) in bewegten Zeiten wie wir sie aktuell durchleben.
Denn genau dann lohnt es sich, dich deiner intrinsischen Ziele bewusst zu werden und danach zu handeln, um dich wieder mit gewonnener Kraft auf Augenhöhe dem respektvollen Miteinander zuzuwenden und ein Mensch des positiven Handelns in Freiheit zu werden.
Mit Haltung.
Mit Tiefe.
Mit Freude an erfrischend respektvollen Leben.
Weisst du was?
Ich brauche dich nicht, weil du leidest oder arbeitest für mich.
Ich liebe dich, weil du DU bist – selbst, wenn du nichts tust.
La vita è bella! 😎
Herzlichst aus Helvetien, dein/euer Maurizio.
PS:
Solltest du über dieses oder andere Themen meiner Artikel und Blogs sprechen, sinnieren, philosophieren wollen, «I’m your man». Melde dich sehr gerne, wie es bisher schon einige sehr wertvolle Menschen und Firmen taten, mit denen ich bereits schöne sowie wertbringende Aktionen und Veränderungen umsetzen durfte.
Dir gehöre der erste Schritt – wir schreiten dann zusammen voran. Versprochen. 😉
PPS:
Ein Weg, mit mir in Dialog zu treten ist, dass du diesen Bolg von mir auf LinkedIn kommentierst oder darüber mit mir in Kontakt trittst.
Wie dahin? Ganz einfach mit Klick auf den Link hier rechts: https://www.linkedin.com/pulse/die-operette-der-dringlichkeit-6-akten-maurizio-tondolo-uxcuf