Wüst ist schön und schön ist wüst
Die Welt da draussen ist blinkend, vibrierend, laut.
Reizflut in Serie.
Was einst zwischen den Zeilen gelesen wurde, muss heute zwischen den Reizen verteidigt werden.
Macbeths Hexen flüsterten:
«Wüst ist schön und schön ist wüst.»
Was, wenn wir in genau dieser Umkehrung leben? Dies täglich, digital, subtil?
Was, wenn der Algorithmus längst nicht mehr unser Diener ist, sondern unser Matador, der mit jedem Reiz den inneren Kompass verschiebt?
Der Algorithmus … mehr als (nur) ein Filter
Was ursprünglich als Hilfsmittel konzipiert war, um uns durch die wachsenden Informationsmengen zu navigieren, ist längst zu einem machtvollen Realitäts(ver)former mutiert.
Der Algorithmus filtert nicht nur,
er prägt massgeblich, was wir für die Welt halten.
Er füttert, was wir fühlen sollen. Nicht aus Bosheit, sondern aus mathematischer Logik.
Gerade weil er keine Absicht hat, kann er so wirkungsvoll sein.
Der Algorithmus ist der stille Bildhauer unserer Aufmerksamkeiten,
mit dem Meissel der Wahrscheinlichkeit und dem Hammer des Konsums.
Die unsichtbare Bibliothek
In fiktiven Welten, wie jener des «behaarten Töpfers», gibt es Bibliotheken, in denen Bücher nur sichtbar werden, wenn man weiss, wonach man sucht.
Ich schreibe gedanklich/metaphorisch aus der Welt von Harry Potter mit seinen Gängen voller Bücher, doch viele nur sichtbar, wenn man wusste, wonach man suchte.
So wirken heute die digitalen Räume.
Wer nicht weiss, dass es etwas gibt, findet es nicht.
Wer etwas sucht, was nicht «optimiert» wurde, sieht es nicht.
Eine Parallelwelt entsteht. Nicht durch Fantasie, sondern durch Filter. Eine Realität, die echt wirkt, aber nicht vollständig ist.
Heute erleben wir dasselbe. Nicht magisch, sondern algorithmisch. Die Realität, die sich uns zeigt, ist nicht vollständig. Sie ist selektiert. Zugeschnitten. Gebündelt entlang unserer vermessenen Vorlieben.
So entsteht eine Form von Halbwissen mit Überzeugungskraft.
Wer nur ein Fenster kennt,
glaubt es sei die ganze Aussicht.
🤔
Wer es bräuchte, bekommt es nicht
Jene, die sich mit kritischem Denken, Offenheit oder Differenzierung schwertun, sind oft die, die besonders dringend Perspektivwechsel benötigen.
Doch genau ihnen werden solche Impulse algorithmisch entzogen. Nicht durch Verbot, sondern durch Nicht-Zuweisung.
Sie erhalten Inhalte, die ihr Weltbild bestätigen, ihre Emotionalität bedienen und ihren Fokus verengen.
Eine digitale Einbahnstrasse entsteht,
befestigt mit Komfort und binär-algorithmischer Bestätigung.
Der freie Wille als ein mythologisches Wesen?
Gibt es den freien Willen, wenn die Wahlmöglichkeiten bereits kuratiert wurden?
Was wie Autonomie aussieht,
ist oft eine inszenierte Auswahl innerhalb eines festgelegten Rahmens.
Der Algorithmus beeinflusst nicht nur was wir sehen, sondern wie wir denken, fühlen, handeln.
Der Mensch als Entscheidungswesen wird nicht überrollt, sondern umgeleitet. Sanft, leise, wirksam.
Somit bleibt vom freien Willen oft nur das Gefühl, sich frei zu fühlen.
Dies innerhalb unsichtbarer Gitter oder eines goldigen Käfigs.
Die Sinne als letzte Bastion der Selbstwahrnehmung
Unsere Sinne sind älter als jede Technologie. Sie sind unser Zugang zur Welt, zum Anderen, zu uns selbst.
Doch sie sind müde geworden im Dauerbeschuss durch Push-Meldungen, Lärm, Dauerinput.
Die Fähigkeit, Stille auszuhalten, zu riechen was echt ist,
Zwischentöne zu hören verkümmert in einer Zeit der grellen,
konditionierenden Eindeutigkeit.
Dabei liegt genau hier die Rettung. Nämlich in Rückbesinnung, Nachschmecken und im aktiven Lauschen.
Die Sinne sind kein romantisches Relikt.
Die Sinne sind Überlebensinstinkt im digitalen Zeitalter.
Der Algorithmus als sektiererisches Prinzip
Ein Sektenführer isoliert, vereinfacht, verspricht Orientierung. Nicht aus Wahrheit, sondern aus Kontrolle.
Der Algorithmus tut dasselbe, mathematisch manifestiert.
Er trennt Gruppen, erschafft digitale Lager, gibt Antworten, bevor Fragen entstehen dürfen.
Nicht mit Dogmen, sondern mit Daten.
Wer nicht aktiv irritiert,
wird automatisch ins System der Vereinfachung integriert.
Je länger man bleibt und passiv verharrt, desto plausibler erscheint einem die Enge.
Warum dieser Text nicht gelesen wird
- Ein Text, der nicht auf Likes zielt, wird nicht verbreitet.
- Ein Gedanke, der zu viel Reflexion verlangt, bleibt oft unsichtbar.
- Ein Beitrag, der weder empört noch vereinfacht, passt nicht ins Raster.
So entsteht das «Paradoxum par Excellence»:
Inhalte, die am meisten zum Denken anregen könnten,
landen am seltensten im Sichtfeld jener, die sie am meisten bräuchten.
Was gelesen wird, wurde vorher entschieden.
Nicht von Redaktionen, nicht von dir, nicht von deinem freien Willen, sondern von Rechenregeln, dem Algorithmus.
Eine stille Rebellion
Was bleibt ist die bewusste Entscheidung, nicht alles zu glauben, was vermeintlich gut tut und nicht alles abzulehnen, was kratzt.
Es ist ein stiller Widerstand.
Einer, der nicht nach Aufmerksamkeit schreit, sondern nach Tiefe ruft.
Er zeigt sich:
- in der Wahl, was man liest
- in der Bereitschaft, Widerspruch zuzulassen
- im Mut, eigene Denkschleifen zu hinterfragen
- in der Fähigkeit, nicht reflexhaft zu reagieren.
Es ist die Rebellion derer, die mit sich selbst im Dialog bleiben wollen.
Vielleicht braucht es Figuren wie Nanny McPhee mit Stille, Präsenz ohne Zwang, um zu erinnern:
«Wenn ihr mich braucht, aber nicht wollt, dann muss ich bleiben.
Wenn ihr mich aber wollt, aber nicht mehr braucht, dann muss ich gehen.»
Die Selbstverantwortung kommt nicht mit Donner.
Die Selbstverantwortung kommt mit dem leisen Rückzug der Helfer.
Das ist kein Verlust. Es ist eigene Reife.
In eigener Sache
Diese Gedankenreise darf sehr gern geteilt, diskutiert, weitergedacht werden.
DIESE Gedankenreise habe ich bewusst gekürzt, damit du Nemesis in dein Leben lassen kannst.
In dein Leben und für dein Leben.
Ich bin offen für Gespräche, Aufträge, Projekte – auch (oder gerade) in bewegten Zeiten wie wir sie aktuell durchleben.
Denn genau dann lohnt es sich, den Tanz zwischen Algorithmen, Aufmerksamkeit und Achtsamkeit zu meistern, um dich wieder mit gewonnener Kraft auf Augenhöhe dem respektvollen Miteinander zuzuwenden und ein Mensch des positiven Handelns in Freiheit zu werden.
Mit Haltung.
Mit Tiefe.
Mit Freude an erfrischend respektvollen Leben.
Weisst du was?
Ich brauche dich nicht, weil du leidest oder arbeitest für mich.
Ich liebe dich, weil du DU bist – selbst, wenn du nichts tust.
La vita è bella! 😎
Herzlichst aus Helvetien, dein/euer Maurizio.
PS:
Solltest du über dieses oder andere Themen meiner Artikel und Blogs sprechen, sinnieren, philosophieren wollen, «I’m your man». Melde dich sehr gerne, wie es bisher schon einige sehr wertvolle Menschen und Firmen taten, mit denen ich bereits schöne sowie wertbringende Aktionen und Veränderungen umsetzen durfte.
Dir gehöre der erste Schritt – wir schreiten dann zusammen voran. Versprochen. 😉
PPS:
Ein Weg, mit mir in Dialog zu treten ist, dass du diesen Bolg von mir auf LinkedIn kommentierst oder darüber mit mir in Kontakt trittst.
Wie dahin? Ganz einfach mit Klick auf den Link hier rechts: https://www.linkedin.com/pulse/der-algorithmus-als-sektenf%25C3%25BChrer-und-die-stille-sinne-tondolo-is5qf