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Wir sehen die Welt nicht, wie sie ist – sondern wie wir sind

Kennst du das? Du betrittst einen Schrebergarten, eine Gasse in deiner Stadt oder das Büro deiner Kollegin und dein Blick bleibt an einem Detail hängen. Der ungepflegte Vorgarten des Nachbarn. Der Kollege, der immer zu laut spricht. Die eine Person, die ständig kritisiert.

Und sofort entsteht eine kleine innere Reaktion – Ärger, Unverständnis, vielleicht sogar Abneigung.

Doch halt – ist es wirklich das Unkraut, das uns stört oder ist es die Person dahinter?
Ist es wirklich die Art, wie jemand spricht, oder unser eigenes Bedürfnis nach Ruhe, das da aufleuchtet und für Aufmerksamkeit buhlt?

Die Sozialpsychologie zeigt – viel öfter als wir denken, empfinden wir Dinge nicht, weil sie uns stören – sondern weil wir eine bestimmte Haltung dazu haben.

Oder anders gesagt:

Unser Blick formt unsere Welt.

Doch was, wenn wir lernen, unseren Blick zu verändern?

«Das Meckerhirn» – weshalb unser Kopf Energie spart – und oft falsch liegt

Unser Gehirn ist ein Meister der Effizienz.

Es liebt Abkürzungen, Routinen und automatische Muster.
Warum?
Weil es Energie sparen will und sogar noch weiter – weil es Energie sparen MUSS.

Jeden Tag prasseln Millionen von Sinneseindrücken auf uns ein. Unser Kopf filtert gnadenlos.
Was nicht ins gewohnte Schema passt, wird entweder ignoriert oder als störend empfunden.

Deshalb der schnelle Blick auf den ungepflegten Garten – und das sofortige Urteil:

➡️ Faul!
➡️ Nachlässig!
➡️ Kein Sinn für Ordnung!
➡️ Schmuddelig!
➡️ Unfähig und unwürdig!

Just hier setzt das berühmte «Meckerhirn» ein – unser interner Dauerkritiker und Meckerer, der sich am liebsten über Abweichungen auslässt.

Denn das Gehirn arbeitet nach dem Motto:

  • lieber einmal zu viel gemeckert als einmal zu wenig hinterfragt
  • lieber beim Altbekannten bleiben als Unbekannte, Unliebsames, Neues zulassen
  • lieber Schubladen füllen als Muster aufbrechen

Genau da liegt die Falle.

Hirnbesitzer zu sein, heisst noch lange nicht, Hirnbenutzer zu sein.

Die Frage ist also: «Schaffen wir es, unser Meckerhirn zu überlisten?»

Wir gegen die – das ewige Muster des «Andersseins»

Seit Urzeiten unterscheidet der Mensch zwischen «wir» und «die anderen».
Eine Strategie, die einst überlebenswichtig war, heute aber oft in Trennung, Missverständnis und Konflikten endet.

Der Nährboden für das gefährliche, altbekannte und noch stets sein Unwesen treibende «divide et impera».
Wikipedia sagt dazu: «Eine Redewendung, die eine politische Strategie beschreibt, um eine Gruppe in Untergruppen zu spalten, um sie zu beherrschen.».

Wer sich im «wir» wähnt, fühlt sich sicher. Alles, was fremd erscheint, irritiert und macht schlimmstenfalls Angst.

So wirkt das «Meckerhirn» gleich in vollster Leistung mit:

➡️ «Wir ordentlichen Schrebergärtner – und die Banausen, die alles verwildern lassen.»
➡️ «Wir, die wissen, wie es richtig geht – und die Ignoranten, die es falsch machen.»
➡️ «Wir, die zivilisiert sind – und die Penner, die keine Manieren haben.»
➡️ «Wir, die erhabenen gebildeten – und die Dummen, die nichts auf die Reihe kriegen.»

Doch was, wenn es kein «wir gegen die» mehr braucht?

Was, wenn es möglich wäre, einen Moment innezuhalten und zu fragen:

«Warum triggert mich das?»

Denn oft sagt das, was uns aufregt, mehr über uns aus als über die anderen.

Der Spiegel deines Lebens – was wir sehen, ist oft unser eigenes Thema

Hier kommt eine spannende Beobachtung:
Wenn wir in einen Spiegel schauen und etwas an unserem Gesicht entdecken – einen Pickel, etwas zwischen den Zähnen, ein Haar, das nicht sitzt – greifen wir ans eigene Gesicht.

Kleinkinder tun das nicht. Sie berühren den Spiegel. Warum?

Weil sie noch nicht gelernt haben, dass das Bild im Spiegel sie selbst zeigt. Sie nehmen es als etwas Äusseres wahr.

Und jetzt die grosse Frage:

Wie oft reagieren wir im Leben noch wie Kleinkinder?

Wie oft regen wir uns über etwas im Aussen auf – anstatt zu realisieren, dass das Problem vielleicht bei uns selbst liegt?
Wie oft reflektieren wir Trigger-Themen unseres eigenen täglichen Wirkens?

  • Wenn mich Unordnung aufregt – könnte es sein, dass ich selbst Angst vor Chaos habe?
  • Wenn mich jemand nervt, der zu laut ist – könnte es sein, dass ich meine eigene Stimme zu oft zurückhalte?
  • Wenn mich jemand triggert, der «zu direkt» ist – könnte es sein, dass ich mich selbst oft zurücknehme?

Die Welt ist unser Spiegel.

Doch greifen wir an unser eigenes Gesicht – oder fuchteln wir am Spiegel herum?

Ein kleiner Satz, der Türen öffnet

Hier kommt eine kraftvolle Technik, welche ich nahezu täglich pflege und zu perfektionieren bestrebt bin.

Statt sofort zu urteilen oder Widerstand zu spüren, einfach denken:

«Ah, das gibt es auch noch.»

Ein Satz, der nicht bewertet, sondern Platz schafft.
Ein Satz, der uns erlaubt, einen Moment innezuhalten und zu realisieren:

➡️ es gibt mehr als eine Art zu sein
➡️ es gibt mehr als eine Wahrheit
➡️ es gibt mehr als meine eigene Sichtweise
➡️ es existieren weitere, oft sehr spannende Perspektiven und Ansichten

Und genau in diesem Moment beginnt etwas Magisches:

Ein Tropfen Klarheit höhlt den Stein des Vorurteils.
Eine winzige Scheuklappe öffnet sich.
Ein Lichtstrahl fällt auf einen neuen Gedanken.

Tropfen für Tropfen – «Veränderung geschieht langsam – aber stetig»

Natürlich geschieht Transformation nicht über Nacht. Aber sie geschieht!

Tropfen für Tropfen.
Erkenntnis für Erkenntnis.

🌱 Wenn wir uns bewusst machen, dass unser Blick geprägt ist, können wir ihn weiten.
🌱 Wenn wir uns fragen, ob wir etwas sehen oder etwas in etwas hineinsehen, wachsen wir.
🌱 Wenn wir statt sofortem Urteil sagen: «Ah, das gibt es auch noch», bauen wir Brücken.

Die Welt braucht Menschen, die bereit sind,
über ihren eigenen Gartenzaun hinauszublicken und zu handeln.

Ein Impuls zum Handeln – wage den Perspektivwechsel noch heute!

👉 Beobachte dich in den nächsten Tagen bewusst:
Wo triggert dich etwas und was sagt das vielleicht über dich selbst aus?

👉 Übe den Satz «Ah, das gibt es auch noch.»
Wenn du etwas siehst, das dich irritiert – einfach mal diesen Gedanken zulassen.

👉 Komm ins Gespräch.
Frage nach, bevor du urteilst.
Sei neugierig, bevor du dich verschliesst.

Denn wenn wir bereit sind, unsere Perspektive immer wieder einen Spalt weiter zu öffnen, entsteht etwas Grossartiges:

eine Welt mit mehr Verständnis,
mehr Vielfalt – und mehr Möglichkeiten für uns alle!

Was denkst du?
Wo hast du schon erlebt, dass dein Blick auf etwas mehr über dich selbst gesagt hat als über die Sache selbst?

Teile deine Gedanken in den Kommentaren dieses Beitrages auf LinkedIn (https://www.linkedin.com/pulse/den-blick-weiten-wie-kleine-perspektiven-wechsel-die-welt-tondolo-ilk6f) oder noch lieber, lass uns über diese Themen sprechen!

La vita è bella! 😎
Verschliesse dich ihr nicht durch deine Engstirnigkeit und die Scheuklappen, welche dir eh nicht stehen. 🤭

Herzlichst – dein/euer Maurizio

PS:
Zu dieser Gedankenreise wurde ich durch einen Satz aus einem Buch von Thomas Grüter mit ISBN 978-3-596-17040-1 beflügelt. Dieser Satz lautet: «Mag ich meinen Nachbarn nicht, weil er seinen Vorgarten verkommen lässt, oder sticht mir das Unkraut dort ins Auge, weil ich ihn nicht ausstehen kann?».
Spannende Frage … und eben, wie stehst du dazu?