Wörtlich übersetzt mit «Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul.» oder sinngemässer «Geschenkt ist geschenkt.» resp. «Man sollte einem Geschenkten nicht kritisch gegenüberstehen.».
Kleine Anmerkung der Redaktion 🫢 – also von mir, dem Maurizio: Wenn du durch meine Beiträge ein wenig Italienisch lernen oder auffrischen magst – achte BITTE darauf, dass im Sprichwort das Wort «Caval» ohne das abschliessende „o“ geschrieben wird. Korrekt ist «Cavallo» für Gaul oder Pferd. Das Fehlen des „o“ ist nur ein Mittel, um den Satz eingängiger zu machen – damit es besser und runder klingt. 🤗
Ursprung der Redewendung
Diese Redewendung aus der italienischen Sprachtradition geht auf ein lateinisches Zitat zurück.
Seine erste schriftliche Erwähnung geht auf eine Schrift des heiligen Hieronymus (Sophronius Eusebius Hieronymus) zurück, eines christlichen biblischen Mönchs, Übersetzers und Theologen, der in Illyrien (heute Kroatien) geboren wurde und zwischen 347 und 420 n. Chr. lebte. Hieronymus schrieb in seinem Commentariorum «In Epistolam Beati Pauli Ad Ephesios» folgende Worte: «Noli equi dentes inspicere donati.». Im Kontext wohl auch für nicht Latsch-Affine verständlich – korrekt? 😉
Eine weitere Quelle führt uns zur Werke-Sammlung «Sonetti romaneschi» anno 1835 – «La Mamma prudente» von Giuseppe Gioachino Belli. Auf Seite 141 dürfen wir lesen: «Caval donato nun ze guarda in bocca.».
In der Tat wurde früher das Alter eines Pferdes anhand des Zustands seiner Zähne geschätzt. Wenn die Zähne in gutem Zustand waren, war das Pferd jung und daher mehr wert.
Bedeutung des Sprichwortes
Beginnen wir mit einer Klarstellung, die vielleicht überflüssig erscheint, aber dennoch nicht so offensichtlich ist: Das Wort „geschenkt“ in dem Satz bezeichnet nicht das Eigenschaftswort „donato“, sondern das Partizip Perfekt des Verbs „donare“, also geschenkt bekommen.
Korrekter wäre somit: «Einem geschenkt bekommenen Gaul schaut man nicht ins Maul».
Die Bedeutung des Sprichworts wäre also: «Wenn du etwas geschenkt bekommst, nimm es an und sei dankbar, suche nicht nach Fehlern, möglichen Schäden oder stelle seinen Wert nicht in Frage.».
Etwas geschenkt zu bekommen, oder auf jeden Fall, ohne dafür zu bezahlen, ist bereits ein mehr als triftiger Grund, diese Sache resp. diesen Akt zu schätzen.
Sei also nicht wählerisch, undankbar oder unverschämt, denn einem geschenkten (pardon – einem geschenkt BEKOMMENEM) Gaul schaut man nicht ins Maul! 😉
Seine Bedeutung ist zwar uralt, aber auch heute noch aktuell. In der Vergangenheit stellte das Pferd eine grosse Quelle des Reichtums dar, ein wertvolles Handelsgut. Anhand des Gebisses konnte man den Gesundheitszustand und das Alter des Pferdes erkennen, eine sorgfältige Analyse für diejenigen, die ein Pferd auswählen und kaufen wollten. Am Gebiss des Pferdes konnte man erkennen, ob man ein gutes Geschäft machte oder nicht, um mit dem Verkäufer um den Preis zu feilschen.
Es versteht sich also von selbst, dass dieses Sprichwort eine klare Bedeutung hat. Bei einem geschenkten Pferd sollte man es vermeiden, sich seine Zähne anzusehen. Das Gleiche gilt für andere Situationen. Man sollte es vermeiden, sich über die Qualität von etwas zu äussern, das man geschenkt bekommen hat, man sollte nicht auf die Details eines Geschenks oder einer Gunst eingehen, die man erhalten hat
Mit anderen Worten: Was man geschenkt bekommt, hat man sich wohl verdient, und man sollte daher nicht zu wählerisch sein, was die Qualität oder den tatsächlichen Wert des Geschenks angeht.
Die sprichwörtliche Redewendung ist ebenso im Englischen nachweisbar mit: «Don’t look a gift horse in the mouth» und, mit einer leichten Abwandlung (Zähne statt Mund), auch im Französischen mit: «à cheval donné on ne regarde pas les dents».
In diesem Sprichwort auf Deutsch, eben «einem geschenkten bekommenem Gaul schaut man nicht ins Maul» mag ich auf das Vorhandensein einer Paronomasie mit «Gaul/Maul» hinzuweisen. War dir dies vorher bereits aufgefallen? 🧐
Als Paronomasie wird eine rhetorische Figur bezeichnet, die durch die Gegenüberstellung von Begriffen (Paronymen), die ähnlich klingen, aber unterschiedliche Bedeutungen haben, bezeichnet.
Als Fazit: wenn unsereiner ein Geschenk erhält, sollte man es unabhängig von seinem möglichen wirtschaftlichen Wert annehmen. Was wirklich zählt, ist der Gedanke der Person, die sich ohne jegliche Verpflichtung und bestenfalls uneigennützig dazu entschliesst, jemandem ein Geschenk zu machen, nur weil sie Freude daran hat.
Einige gedankliche Vertiefung zum Begriff «schenken» im Sprichwort
Für «schenken» wird im Italienischen das Wort «regalare» gegenüber «donare» bevorzugt. Der Begriff «donare» wird eher bei Geschenken von grossem Wert und Bedeutung verwendet.
Die Geste des Schenkens heisst spenden, und spenden ist eine Geste, die man z.B. gegenüber Bedürftigen macht. Spenden wird auch anstelle von geben verwendet, wenn die Geste selbst von grösserer Bedeutung ist.
Das entsprechende Wort für Spende ist hingegen Regalien. Die Spende ist die Geste des Gebens: «Ich habe etwas gespendet» – gleichbedeutend mit «ich habe eine Zuwendung gemacht». Aber Vorsicht, denn „Regalia“ hat eine negativ angehauchte Bedeutung, denn dieser Begriff bezeichnet ein Geschenk, eine Spende, die man seinen Mitarbeitern oder Untergebenen macht. Das Wort Regalien bedeutet in Wirklichkeit „die Rechte des Königs“ (re-galia): Regalien werden also von Königen gemacht.
Regalien sind abgeleitet von «iura regalia» (königliche Rechte). Regalien bezeichneten ursprünglich alle Hoheitsrechte, Besitzungen und Güter des Königs, die ihm als dingliche Grundlage seiner Königsherrschaft zustanden.
Schenken wird auch in der Rechtssprache, der Welt der «§en-Reiter», verwendet. Eine Schenkung bedeutet in der Tat die Übertragung eines Rechts auf eine andere Person. Eine Schenkung ist also ein Vertrag, durch den eine Person eine andere bereichert, indem sie zu deren Gunsten über eines ihrer Rechte verfügt. Unter anderem ist diese Art der Schenkung, wenn sie einmal erfolgt ist, in der Regel unwiderruflich, so dass es kein Zurück mehr gibt. Wenn die Schenkung einmal erfolgt ist, gibt es kein Zurück mehr.
Es gibt auch andere Arten der Spende. Die Blutspende, Spende der Niere, der Hornhaut und die Spende anderer Organe wie des Herzens usw., die nach dem Tod eines Menschen durch eine Transplantation zugunsten eines anderen bedürftigen Lebewesens erfolgen kann.
Kurzes Fazit zum Sprichwort
Das Sprichwort «A caval donato non si guarda in bocca.» oder eben auf Deutsch: «einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul» erinnert uns daran, dass man ein Geschenk nicht kritisch unter die Lupe nehmen sollte.
Der Ursprung liegt im Pferdehandel, wo man das Alter eines Pferdes anhand seiner Zähne prüfte.
Bei einem Geschenk jedoch gilt: Nimm es dankbar an, ohne kleinlich zu sein.
Dieses Sprichwort ist eine humorvolle Erinnerung daran, die Wertschätzung über Perfektion zu stellen und sich nicht auf Nebensächlichkeiten zu konzentrieren.
Ein Gaul, ein Geschenk, ein Lächeln breit, schau nicht ins Maul, verlier nicht die Zeit.
Ein Wortspiel versteckt, so fein und charmant, zeigt uns, dass Sprache mit Herz überhand.
Nimm an, was dir reicht, sei dankbar und klug, im kleinen Geschenk steckt oft grosser Zug.
Ein Paronym hier, ein Zeichen von Witz, dass in alten Worten noch Weisheit sitzt.
Weitere Redewendungen aus meiner Heimat 🇮🇹 werde ich weiter beleuchten und möglichst deren Ursprung recherchieren.
La vita è bella! 😎
Herzlichst – euer Maurizio